Stellungnahme des Vereins Hochwasserschutz Tirol zum Artikel „Studie zur alpinen Retention wird ergänzt“ in der Tiroler Bauernzeitung Nr. 29 vom 18.Juli 2019

 

In diesem Artikel nahm LHStv. Josef Geisler Bezug auf eine Besprechung, die am 01.07.2019 auf seine Einladung hin im Landhaus stattgefunden hat. Dabei waren: LHStv. Josef Geisler, die zuständigen Beamten, LWK Präsident Josef Hechenberger, Prof. Dr. Günter  Blöschl, Obmann Alfred Enthofer und Vertreter des Vereins Hochwasserschutz Tirol mit Bgm. Prof. Mag. Josef Auer (Radfeld), Bgm. Ing. Karl Eberharter (Strass) und Vertreter der Firma i.n.n.
Die Ausführungen von LHStv. Josef Geisler bzw. auch die zusammenfassenden Erläuterungen im Artikel der Bauernzeitung kann der Verein Hochwasserschutz Tirol in dieser Form nicht unkommentiert im Raum stehen lassen.

 

·         Die Aussage, „die Gefahrenzonenplanung wird nicht mehr infrage gestellt“, ist unrichtig.
Richtig ist hingegen, dass diese
r Auffassung mehrfach auf Expertenebene widersprochen wurde. Eingangs wurde auch ausdrücklich auf die Nichtumsetzung der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Gefahrenzonenplanungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG-Gefahrenzonenplanungsverordnung –WRG-GZPV) auf Grundlage § 42a Abs. 2 und 3 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) idgF hingewiesen. Von Seiten der Experten der Wasserwirtschaft des Landes Tirol wurde darauf verwiesen, dass derzeit der „hydrologische Längenschnitt 2009“ im Projekt HORA 3 evaluiert wird. Dieses Ergebnis liege derzeit noch nicht vor.
Wir weisen auch darauf hin, dass es Gemeinden gibt, die den Gefahrenzonenplan beeinspruchen bzw. beeinspruchen werden. Zahlreiche Gefahrenzonenpläne, die derzeit die Gemeinden und Grundeigentümer in ihren Nutzungsmöglichkeiten stark einschränken
(und von zu großen Wassermengen ausgehen, die überdimensionierte Retentionsbecken zur Folge hätten), sind schlicht und einfach bereits mehr als 10 Jahre alt und fachlich überholt. Die Aussage, wonach die Gefahrenzonenplanung nicht mehr infrage gestellt wird, ist allen schon deswegen falsch, weil jede Planung dem jeweiligen Stand des Wissens entsprechen und in periodischen Abständen auf den aktuellen Stand angepasst werden muss. Ein Verharren auf nachweislich falschen Grundlagen ist keine gute Basis für ein zukunftsorientiertes Handeln.

·        Die Aussage, „es wurde vereinbart, die Studie Alpine Retention um ein Modul Großspeicher zur energiewirtschaftlichen Nutzung und zum Hochwasserschutz zu erweitern“, ist unrichtig.
Von LHStv. Josef Geisler wurde zugesagt, dass es Alternativprüfungen gibt. Es wurde nicht im Detail vereinbart, wie diese Alternativprüfungen (bzw. von wem diese Alternativprüfungen) durchgeführt werden.
Fest steht, dass aus der Studie von Prof. Dr. Blöschl sehr wohl hervorgeht, dass es Möglichkeiten gibt, die immer wieder kolportierte Scheitelreduktion von „nur“ 1,7 % wesentlich zu vergrößern. Siehe dazu u. a.
Seite 66 der oben erwähnten Studie. Dort steht:
Die größtmögliche Scheitelreduktion ist für Ereignisse basierend auf dem Hochwasser 2005 möglich (blaue Linie), mit Scheitelreduktionen von 10 bis 12% ……
    Scheitelreduktionen in dieser Größenordnung sind erreichbar unter folgenden Bedingungen:
    *       die Rückhaltebecken sind einzeln steuerbar,
    *       die Grundablässe sind beliebig groß bzw. klein wählbar,
    *       für jedes Becken ist eine perfekte Zuflussprognose vorhanden.“


Nun behauptet Prof. Dr. Blöschl, dass alle diese 3 Maßnahmen nicht umsetzbar seien. Die Frage, warum er dann in seiner Studie diese Möglichkeiten explizit angeführt hat, konnte er nicht beantworten. Wenn es diese Möglichkeiten nicht gäbe, so hätte er dies wohl schon in der Studie einfließen lassen.

 

Die Aussage von Prof. Dr. Blöschl, dass die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen zur Optimierung der Scheitelreduktion nicht umsetzbar seien, ist schlicht und ergreifend falsch. Jedes Rückhaltebecken kann technisch einzeln gesteuert werden. Die technischen Voraussetzungen dafür sind sehr banal und selbst für einen technischen Laien verständlich. Jeder Grundablass kann durch einen verstellbaren Grundablass (Schieberorgan) in seinem Abfluss frei gewählt bzw. eingestellt werden. Bei Kraftwerksspeichern ist diese Technologie seit vielen Jahrzehnten Standard. Wie das heurige Hochwasser im Juni gezeigt hat, sind die Prognosemethoden für die Entwicklung der Pegelstände sehr weit fortgeschritten und es bedarf keiner großen Wissenschaft, um mit ausreichender Sicherheit die Entwicklung der Pegelstände der großen Flüsse auf Grundlage der meterologischen Prognosen vorauszusehen.

 

Warum Prof. Dr. Blöschl derart vehement den technischen Fortschritt und die damit zusammenhängenden Möglichkeiten negiert und teilweise geradezu altertümliche Ansichten vertritt, kann nur mit dem massiven Druck erklärt werden, unter dem die Studie als Rechtfertigung für die gezielte Überflutung der Inntalsohle steht.

 

Außerdem sind vom Land Tirol für die Blöschl-Studie bestimmte Vorgaben fix festgesetzt worden,
wie z.B.:
+     Die Auswahl der Standorte (diese sind so gewählt worden, dass
        nur 20% der beregneten Fläche sich im Einzugsgebiet dieser
        Rückhalteanlagen befinden) – Es braucht daher eine viel bessere,
        dh. prozessorientierte Standortauswahl unabhängig vom        Kompetenzbereich der WLV und BWV.

+       Für alle Standorte wurde eine fixe Stauhöhe von (nur) 10m 
         vorgegeben – Es braucht und gibt Standorte wo eine deutlich
         höhere Stauhöhe (natürlich mit steuerbarem Abfluss) eine viel
         bessere Wirkung hat

+       Es wurde eine fixe Größe des Grundablasses in der Dimension
         eines 2-jährlichen Hochwassers festgelegt. Dabei ist aber klar, dass ein solcher Grundablass in Hochwasserzeiten
         viel zu groß ist und einen viel zu geringen Wasserrückhalt darstellt.
         Genau aus diesem Grund hat ja Prof. Blöschl in seiner Studie
         steuerbare Grundablässe selbst vorgeschlagen.

DAHER VERLANGT DER VEREIN HOCHWASSERSCHUTZ TIROL eine ergebnisoffene Alternativenprüfung.

Ziel des Landes Tirol muss sein, dass auch in den Seitentälern eine bestimmte Wassermenge in Hochwasserzeiten zurückgehalten werden kann. Das schützt sowohl die Seitentäler als auch das Inntal!

·         Bedanken möchten wir uns bei LWK Präsident Josef Hechenberger, der sich auch dahingehend äußerte, dass ein gemeinsamer Weg gefunden werden muss, nämlich eine Kombination aus Rückhalt in den Seitentälern und Rückhalt im Inntal. (Das wurde im Artikel der Tiroler Bauernzeitung nicht angeführt)

·         Laut letzten Meldungen haben allein die Stauseen der TIWAG die Scheitelhöhe des Inns um ca. 30 cm bei Innsbruck reduziert. Das zeigt, dass Rückhaltemaßnahmen in alpinen Bereichen sehr wohl Wirkung haben. Bisher hat man unsere Argumente, dass Retentionsmaßnahmen in den Seitentälern wirksam die Hochwassergefahr im Inntal reduzieren können, nie hören wollen. Jetzt bestätigt dies aber sogar die TIWAG als Landesgesellschaft, dann wird es wohl stimmen?

 

 

PS. Es wurde auch nochmals darauf verwiesen, dass die verbindlicher Altertnativenprüfung sowie die Abstandnahmen von Zwangsrechtseinräumungen- außer in klar vom WRG 1959 idgF vorgesehenen Ausnahmefällen auch in die Satzungen der in Gründung befindlichen Wasserverbände verbindlich aufgenommen werden können.

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